Insgesamt gab es im Jugendkonzentrationslager Uckermark 80 Aufseherinnen, darunter sechs bis sieben vorgeschulte Kriminalbeamtinnen. Der Altersdurchschnitt der Aufseherinnen lag bei 25 Jahren. Einige haben sich selbst um die Aufnahme bei der SS zur Aufseherin beworben, andere wurden bei ihren Betrieben abgeworben. Teilweise wurden die Frauen vom Arbeitsamt unter Druck gesetzt („dienstverpflichtet“), häufiger jedoch meldeten sich die Frauen freiwillig.

Keine der Aufseherinnen des Jugend-KZ wurde nach 1945 rechtsstaatlich verurteilt; im Gegenteil, alle konnten bruchlos ihre Karrieren fortsetzen.

Lediglich einige Aufseherinnen des späteren Vernichtungslagers Uckermark wurden vom englischen Militärtribunal verurteilt. Das Tribunal verhandelte jedoch nur Verbrechen an Häftlingen, die Staatsangehörige der Alliierten waren.

Ebenso verantwortlich waren unter anderem Angestellte der Jugendbehörden, die die Jugendlichen für die KZ-Einweisung vorgeschlagen haben und Angestellte des Reichskriminalpolizeiamtes, die Einweisungen verfügten – oftmals nur nach Aktenlage.

Jugendkonzentrationslager

Lotte Toberentz Lagerleiterin von 1942 bis 1945
Formal unterstand Toberentz dem Lagerkommandanten des KZ Ravensbrück, übte aber faktisch die Lagerleitung aus. Ab 1930 war sie bei der weiblichen Kriminalpolizei Berlin, ab 1939 Kriminalkommissarin.
Nach 1945 war sie wieder leitende Beamtin der Kripo.
Johanna Braach Stellvertretende Lagerleiterin von 1942 bis 1945
Sie war Leiterin der weiblichen Kriminalpolizei, der die „Reichszentrale zur Bekämpfung der Jugendkriminalität“ im Reichskriminalpolizeiamt Berlin unterstand. Nach 1945 war sie Kriminalhauptkommissarin in Essen.
Friederike Wieking Leiterin der weiblichen Kriminalpolizei in Berlin
Sie war zuständig für die Einweisung der Jugendlichen in die Konzentrationslager. Nach Ende des Krieges wurde Wieking zu fünf Jahren Haft verurteilt. Wieking publizierte danach mindestens noch einmal und zwar 1958 in einem Band der „kleinen Polizeibücherei“ zum Thema: „Das weibliche Jugendschutzlager Uckermark und das männliche Jugendschutzlager Moringen.“
Hans Muthesius Zentrale Verwaltung der Jugend-KZs Moringen, Uckermark und Łódź
Er war seit 1940 Referatsleiter in der Wohlfahrtsabteilung des Reichsinnenministeriums.
Nach 1945 arbeitete Muthesius kurzzeitig für das Landesgesundheitsamt Brandenburg. 1950 bis 1964 war er Vorsitzender des „deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge“, danach Ehrenvorsitzender eben dieses Vereins. 1953 bekam Muthesius das Große Bundesverdienstkreuz, 1960 den Stern dazu.
Robert Ritter Leiter des Kriminalbiologischen Instituts
Er war verantwortlich für die „rassenbiologische“ Erfassung der Sinti und Roma und für die Sortierung der Jugendlichen in den Jugend-KZs nach „Wertigkeit für die Volksgemeinschaft“. Seit 1947 war Ritter Stadtarzt, später als Obermedizinalrat im Gesundheitsamt Frankfurt a. M. zuständig für die Leitung der „Jugendhilfsstelle“ und der „Fürsorgestelle für Gemüts- und Nervenkranke“. Ab 1948 ermittelte die Frankfurter Staatsanwaltschaft gegen Ritter wegen dessen Tätigkeit während der NS-Zeit. Das Ermittlungsverfahren wurde 1950 eingestellt.
Eva Justin „Rassenhygienikerin“
Seit 1936 war sie Mitarbeiterin im Kriminalbiologischen Institut und enge Mitarbeiterin von Robert Ritter. Justin war zudem durch die Erstellung von Gutachten über Sinti und Roma mit verantwortlich an deren Zwangssterilisation und Tod. 1948 wurde sie von der Stadt Frankfurt als Kriminalpsychologin und Jugendpsychiaterin eingestellt und galt immer noch als „Zigeunerexpertin“.
In den 1950er Jahren leitete sie eine Erziehungsberatungsstelle. Ihr Vorgesetzter war bis zu seinem Tod Robert Ritter. 1959/60 ermittelte die Staatsanwaltschaft Frankfurt a. M. gegen Eva Justin, stellte das Verfahren jedoch ein, da ihr angeblich nicht nachgewiesen werden konnte, dass sie die Folgen ihrer „rassenbiologischen“ Gutachten hätte absehen können. Noch 1960 war Justin „Sachverständige“ in Entschädigungsverfahren von Sinti und Roma.

Vernichtungslager Uckermark

Im Vernichtungslager gab es sechs Aufseherinnen, die direkt dem KZ Ravensbrück unterstanden, unter ihnen:

Ruth Closius-Neudeck SS-Oberaufseherin
Sie folterte und ermordete Männer, Frauen und Kinder und selektierte für die Gaskammern. 1948 wurde sie vom britischen Militärtribunal zum Tode verurteilt und gehenkt.
Margarete Rabe Aufseherin
Rabe war im Vernichtungslager Ruth Closius-Neudeck unterstellt und nahm an der Selektion von etwa 3000 Frauen und Kindern für die Gaskammern teil. Im 2. Ravensbrück-Prozess wurde Rabe zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt, die 1950 in eine 21-jährige Haftstrafe umgewandelt wurde. 1954 wurde Margarete Rabe vorzeitig aus der Haft entlassen.
Adolf Winkelmann Arzt und SS-Hauptsturmführer
Winkelmann hat zusammen mit Richard Trommer „arbeitsunfähige“ Häftlinge selektiert. Winkelmann verstarb 1947 während des ersten Ravensbrückprozesses in Hamburg an den Folgen eines Herzschlages. Trotz einiger Zweifel befand das Gericht ihn für schuldig, aufgrund seines Todes erging allerdings kein Urteil mehr.
Vera Salvequart Funktionshäftling
Selber Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung scheint sie sich im Vernichtungslager Uckermark mit an der Vernichtung beteiligt zu haben. Eigenen Angaben zufolge arbeitete sie im Vernichtungslager in der Krankenstation und habe dort vielen Häftlingen durch Fälschung der Listen zum Überleben verholfen. Einige Überlebende entlasteten Salvequart beim Ravensbrückprozess. Aber nach Aussagen vieler anderer Überlebender war sie grausam, hat Häftlinge ein tödliches weißes Pulver verabreicht und Giftspritzen injiziert.
Im 1. Ravensbrückprozess wurde Salvequart zum Tode verurteilt und im Mai 1947 gehenkt.