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Die Aufgabe von den Fürsorge-Heimen in der Zeit vom
National-Sozialismus
war die Erziehung von Kindern und Jugendlichen.

Auch Kinder und Jugendliche
haben nach den Regeln vom National-Sozialismus
denken und handeln sollen.
Wenn sie das nicht gemacht haben,
dann hat man sie weggesperrt oder ermordet.

Man hat nur Menschen haben wollen,
die sich ganz in das System vom National-Sozialismus einfügen.

Wenn es in einer Fürsorge-Einrichtung
Probleme gegeben hat,
dann hat der Erzieher oder die Erzieherin
einen Bericht an die Behörden geschrieben.
Das Jugend-Amt und das Jugend-Gericht und die Kriminal-Polizei
haben den Bericht gelesen.
Dann haben sie entschieden,
ob das Mädchen oder der Junge
in ein Konzentrations-Lager geschickt wird.

Viele Gefangene im Konzentrations-Lager Uckermark
sind vorher in Einrichtungen von der Fürsorge gewesen.

Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren sind minderjährig gewesen.
Manchmal haben Minderjährige ihre Familien verlassen müssen.
Das waren Gründe dafür:

Schlechte Versorgung in der Familie

Gefährdung des Minderjährigen oder der Minderjährigen

Man hat gesagt: Die Familie ist asozial.

Sie haben dann in einer Pflegefamilie oder
bei einem Arbeitgeber
oder in einer Fürsorge-Einrichtung wohnen müssen.

Der Kontakt mit der Familie ist meistens verboten gewesen.
Manchmal ist den Familien nicht gesagt worden,
wohin man ihre Tochter oder ihren Sohn gebracht hat.

Manche Jugendlichen haben sich nicht alles gefallen lassen.
Oder sie haben sich nicht an die neue Umgebung gewöhnen können.
Dann hat es geheißen,
dass sie schwer erziehbar sind oder dass sie nicht erziehbar sind.
Man hat nie gefragt,
ob der Erzieher oder die Erzieherin einen Fehler gemacht hat.
Man hat immer gesagt:
Kindern und Jugendlichen sind an ihrem Verhalten selbst schuld.
Darum hat man sie bei der Kriminal-Polizei angezeigt.

Die Kriminal-Polizei hat einen Antrag an die Behörden geschrieben.
Das war ein Antrag ist für eine Einweisung in ein Jugendschutz-Lager.

Die Diagnose Asozialität hat die Jugendlichen stigmatisiert.
Darum hat man bei der Einweisung in das Lager
noch mehr Eigenschaften aufgeschrieben.
Zum Beispiel: Die Person ist faul, ungehorsam, unordentlich.

Wenn Mädchen und junge Frauen sich anders verhalten haben,
als es von ihnen erwartet worden ist,
dann hat man ihnen oft sexuelle Verworfenheit vorgeworfen.

Sehr viele Mädchen und junge Frauen
sind direkt aus den Fürsorge-Einrichtungen
in das Konzentrations-Lager Uckermark gebracht worden.
Man hat gesagt,
das ist wegen der Sicherheit und den Kosten.
Sie haben dort Zwangs-Arbeit machen müssen.

Frau Käthe Anders ist
aus einer armen Wiener Arbeiter-Familie gekommen.
Sie hat die Zeit in Uckermark überlebt.
Sie hat in einem Interview von ihrem Leben erzählt.
Wir haben hier aufgeschrieben,
was Frau Anders gesagt hat.

Darum ist der folgende Text nicht in Leicht Lesen.

[…] heißt,
dass wir hier einen Teil vom Text ausgelassen haben.

„...Bei einem älteren Ehepaar im 1. Bezirk hab ich einen Posten gefunden. Er war Arier, sie war Jüdin. [...] Er war Fachlehrer und hat gesagt, ich lern dir Stenografieren in deiner Freizeit, und Maschinenschreiben, [...]. Bei denen ist es mir gut gegangen.

Ein halbes Jahr später krieg ich ein Schreiben, einen Brief von der NSDAP oder so, was Offizielles. …
Wieso ich als deutsches Mädchen bei einer Jüdin arbeite?
[...]Hab müssen weg, aber sofort!
Zu einem deutschen Ehepaar mit fünf Kindern, als Kindermädchen.
[…] Wieder hab ich eine Vorladung kriegt. Jetzt hab ich mich bei einer Freundin versteckt. Aber sie haben mich gefunden und in ein Heim gesteckt. […] Meine Akte war schon angelegt. Ich will nicht arbeiten, habens gesagt, ich bin arbeitsscheu.“

Das ist der gleiche Text in Leicht Lesen.

Im 1. Bezirk hab ich eine Stelle gefunden.
Der Mann war Arier.
Die Frau war Jüdin.
Der Mann ist Lehrer gewesen.
Er hat mir Stenografieren und Maschine-Schreiben beibringen wollen.
Dort ist es mir gut gegangen.

Nach ein paar Monaten ist ein Brief von der NSDAP gekommen.
Man hat mich gefragt,
warum ich als deutsches Mädchen bei einer Jüdin arbeite.
Ich hab sofort von dem Ehepaar weg müssen.

In Hietzing hat ein deutsches Ehepaar mit fünf Kindern gelebt.
Ich hab dort als Kindermädchen arbeiten müssen.

Ich hab wieder einen Brief von der NSDAP bekommen.
Darum hab ich mich bei einer Freundin versteckt.
Aber man hat mich gefunden und in ein Heim gebracht.
In meiner Akte ist gestanden,
dass ich nicht arbeiten will und dass ich arbeitsscheu bin.

Käthe Anders hat protestiert.
Sie ist mit der Behandlung im Heim nicht einverstanden gewesen.
Darum hat sie vor Gericht gehen müssen.
Sie ist mehrmals in verschiedene Fürsorge-Heime
und in das Gefängnis gekommen.
1942 ist sie in das Konzentrations-Lager Uckermark gebracht worden.

 

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Arier

Die National-Sozialisten haben Menschen Arier genannt,
wenn die Eltern und Großeltern Deutsche waren.
Und wenn sie keine Juden oder Jüdinnen waren
und sich so verhalten haben,
wie es die National-Sozialisten verlangt haben.

Die National-Sozialisten haben gesagt,
dass Arier mehr wert sind als andere Menschen.

Asozial

Das spricht man so: a-so-zial.
Menschen mit einem
Unangepassten Verhalten
hat man asozial genannt.
Die Ärzte oder Ärztinnen haben gesagt,
so ein Verhalten ist eine Krankheit.
Das hat man Asozialität genannt.

Asozialität

Das spricht man so: A-so-zia-li-tät.
Die Ärzte oder Ärztinnen haben gesagt,
es ist eine Krankheit,
wenn jemand asozial ist.
Diese Krankheit heißt Asozialität.

Fürsorge

Sorge für andere Personen.
Zum Beispiel: Pflege oder Erziehung

Hietzing

Hietzing ist ein Teil von Wien.
Wien ist die Hauptstadt von Österreich.

Jude, Jüdin, jüdisch

Juden sind eine Volksgruppe in Europa.
Ein jüdischer Mann ist ein Jude.
Eine jüdische Frau ist eine Jüdin.
In der Zeit vom National-Sozialismus sind
viele Tausend Juden in Vernichtungs-Lagern gestorben.

Konzentrations-Lager

Ein Konzentrations-Lager ist ein Lager,
in dem viele Gefangene eingesperrt werden.
Die meisten Konzentrations-Lager sind Vernichtungs-Lager gewesen.
Die Abkürzung für Konzentrations-Lager ist KZ.
Das spricht man so aus: Ka Zet

National-Sozialismus

Der National-Sozialismus ist eine Denkweise,
die im Deutschen Reich entstanden ist.
Diese Denkweise war sehr unmenschlich.
Viele Tausende Menschen
haben in dieser Zeit unschuldig sterben müssen.
Das war vor 80 Jahren.
National-Sozialismus wird oft so abgekürzt: NS
Das spricht man so: En –Es.

NSDAP

Das spricht man so: En-Es-De-A-Pe.
Das ist die Abkürzung für die
National-Sozialistische Deutsche Arbeiterpartei

Stenografie, stenografieren

Stenografie ist eine Schrift mit besonderen Zeichen und Abkürzungen.
Mit dieser Schrift kann man viel schneller schreiben
als mit der Normalschrift.
Stenografieren heißt in Stenografie schreiben.

Stigmatisieren, stigmatisiert

Ein Mensch wird wegen einem bestimmten Merkmal
schlecht eingeschätzt und beurteilt.

Dieses Merkmal nennt man Stigma.

Man sagt: Dieser Mensch wird stigmatisiert.
Man sagt auch: Die anderen Menschen stigmatisieren diesen Menschen.
Beispiele:
Ein arbeitsloser Mann oder eine arbeitslose Frau ist faul.
Ein Mensch mit dunkler Hautfarbe verkauft Drogen.
Ein Mensch mit einer psychischen Krankheit ist dumm.

Verworfenheit

Verworfenheit bedeutet Unmoral oder Unsittlichkeit.

Zwangs-Arbeiter, Zwangs-Arbeiterin, Zwangs-Arbeit

Ein Zwangs-Arbeiter oder eine Zwangs-Arbeiterin
wird zu einer Arbeit gezwungen.
Diese Arbeit nennt man Zwangs-Arbeit.
Meistens ist diese Arbeit sehr schwer.
Zum Beispiel: Arbeit in einem Steinbruch